Content Management Systeme erfolgreich einführen

Content-Management-Systeme (CMS) sind im Moment „angesagt“: Viele Unternehmen sind gerade dabei oder stehen kurz davor, solche Systeme einzuführen. Angesichts der mächtigen Funktionen, die diese Systeme versprechen, ist das auch nicht verwunderlich.

Die großen Versprechen



Mit Content-Management-Systemen müssen Dokumente nicht „per Hand“ erstellt werden, sondern lassen sich bequem aus wiederverwendbaren Bausteinen modellieren. Möglicherweise sogar ganz automatisch, z.B. stücklistengetrieben.


Die Inhalte liegen, vollkommen losgelöst vom Layout, wohlgeordnet in einer Datenbank. Der Autor muss sich nicht um die Formatierung kümmern: Auf Knopfdruck packen sogenannte Formatting Engines die Inhalte in die unterschiedlichsten Ausgabeformate, z.B. für gedruckte Anleitungen, Produktkataloge oder Online-Dokumentationen im Internet („Cross-Media-Publishing“)



Änderungen brauchen nur mehr an einer Stelle eingepflegt werden („Single-Sourcing“). Wenn z.B. technische Daten geändert, Normbezeichnungen aktualisiert oder Sicherheitshinweise hinzugefügt werden müssen: Sie ändern nur mehr die betreffenden Bausteine. Alle Dokumente, die diese Bausteine enthalten, werden – wenn gewünscht – automatisch aktualisiert.



Workflow-Unterstützung und differenzierte Rollen/Rechte-Konzepte sorgen für strukturierte Prozesse - bis hin zum Projekt- und Übersetzungsmanagement.



Neben den Text-Inhalten lassen sich auch Abbildungen und beliebige andere elektronische Dokumente im CMS verwalten. Über automatisch vergebene Metadaten oder speziell gesetzte Schlagwörter werden die im CMS abgelegten Objekte schnell gefunden und in unterschiedlichen Kontexten wiederverwendet.



Wirklich beeindruckend. Da ist es nicht verwunderlich, dass in zunehmenden Maß auch kleine und mittelständische Unternehmen Content Management Systeme einsetzen oder den Einsatz solcher Systeme planen. Von einigen namhaften Systemanbietern gibt es speziell auf diese Zielgruppe zugeschnittene CMS-Varianten.

Die Ernüchterung

In der Praxis folgt auf die Anfangseuphorie jedoch oftmals schnell die Ernüchterung: Die Unternehmen sehen sich mit hohen Lizenz- und Wartungskosten konfrontiert, die erhofften Effektivitätsgewinne dagegen wollen sich – auch Monate nach der Einführung – nicht so richtig einstellen. Die Anwender kommen mit den neuen Arbeitsweisen nicht zurecht. Schwächen in der Konfiguration und lange Antwortzeiten sorgen dafür, dass die Akzeptanz gänzlich in den Keller geht.



In vielen Fällen wird zurückgerudert. Die teuer angeschafften Systeme werden – wenn überhaupt – nur als Insellösung in einigen wenigen Abteilungen und nicht durchgängig eingesetzt, die Investition zahlt sich häufig nicht aus.

Das Potenzial ausschöpfen

Dabei bieten CMS-Lösungen durchaus das Potenzial, sowohl zur Qualitätsverbesserung beizutragen als auch die Effektivität zu erhöhen. Entscheidend für eine erfolgreiche Nutzung ist die Vorbereitungs- und Einführungsphase.
In vielen Unternehmen stehen dabei jedoch technische Aspekte zu sehr im Vordergrund: Die Funktionalitäten unterschiedlicher Content Management Systeme werden akribisch verglichen. Wenn dann das System gefunden ist, das ein Maximum an Funktionen zu einem möglichst günstigen Preis bietet, glaubt man sich am Ziel.

Dabei hängt der Erfolg der CMS-Einführung gar nicht so sehr von der Tool-Auswahl ab: Es gibt auf dem Markt eine ganze Reihe von Systemen, die von Funktionalität und Preis her relativ gleichwertig sind. Welches dann gewählt wird, ist letztlich nicht entscheidend. Entscheidend ist vielmehr, dass die Konfiguration der Gesamtlösung zum jeweiligen Unternehmen passt.

Am Anfang sollte deshalb der „Blick nach innen“ stehen:  Welche Dokumentationstypen gibt es? Wie hoch ist das Dokumentationsvolumen insgesamt? Wie hoch ist der Anteil der Redundanzen (Informationen, die in gleicher oder ähnlicher Weise in mehreren Dokumenten enthalten sind)?



Grundsätzlich gilt: Je höher das Dokumentationsvolumen und je höher der Anteil der Redundanzen desto lohnender ist die Einführung eines CMS-Lösung.



Darüber hinaus ist es notwendig, auch die Dokumentationsprozesse einer kritischen Prüfung zu unterziehen. Die Workflow-Unterstützung der Content Management Systeme lässt sich nur dann mit Erfolg nutzen, wenn die Zielprozesse im Unternehmen klar und einvernehmlich definiert sind.

Strukturieren, Modularisieren und Standardisieren

Content Management Systeme sind für die strukturierte, standardisierte Dokumentationserstellung zwar hervorragend geeignet, die Einführung eines solchen Systems sorgt jedoch nicht automatisch für Strukturierung und Standardisierung. Hier sind – unabhängig von der CMS-Technik – inhaltliche Vorarbeiten notwendig. Ein Informationsmodell muss entwickelt werden, dass einerseits ausreichend komplex ist, um den unterschiedlichen Anforderungen zu genügen, andererseits aber auch möglichst einfach, um verständlich und leicht umsetzbar zu sein.

Auch die Festlegung der geeigneten Modulgröße (Granularität) verlangt Fingerspitzengefühl. Je größer die Module, desto bequemer ist die Handhabung: Umfangreiche Dokumente lassen sich komfortabel und schnell aus wenigen Modulen zusammenstellen. Aber: Mit zunehmender Modulgröße schwinden in der Regel die Möglichkeiten zur Wiederverwendung. Bei kleinen Modulen sind die Chancen auf Mehrfachnutzung weit höher. Mit kleinen Modulen wachsen aber die Verwaltungsaufwände, z.B. für die Indizierung, Ablage und Suche, stark an. Eine Patentlösung gibt es hier nicht. Die passenden Modulgröße muss jeweils individuell für das betreffende Unternehmen ermittelt werden.

Aber auch das beste Modularisierungskonzept ist zum Scheitern verurteilt, wenn der Wille zur Standardisierung fehlt. Wo der historisch gewachsene Dokumentationsdschungel 1:1 in die CMS-Lösung übertragen wird, werden sich die erwarteten Einsparungen nicht realisieren lassen.

Abschließend ein Tipp: Holen Sie sich einen guten Gärtner ins Haus! Lassen sich bei Vorbereitung, Systemauswahl und in der Umstellungsphase von erfahrenen Experten unterstützen.

Martin Jung

Informationen zum Autor:

Martin Jung studierte germanistische und theoretische Linguistik. Danach arbeitete er als Technischer Redakteur, Lektor und Berater in verschiedenen Bereichen der Informationstechnologie. Seit März 2000 leitet er eine Fachabteilung bei der cognitas GmbH in München.

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