tekom veröffentlicht Leitlinie „Regelbasiertes Schreiben – Deutsch für die Technische Kommunikation“

Zwei Forderungen stehen im Mittelpunkt der Erstellung Technischer Dokumentationen: Ein hoher Wiederverwendungsgrad der Texte bereits in den ausgangsprachlichen Informationsprodukten und eine kosteneffiziente und schnelle Übersetzung in die erforderlichen Zielsprachen. Die Forderungen leuchten den meisten in der Theorie ein, schwierig gestaltet sich jedoch deren Umsetzung bei der Texterstellung. Nach welchen Regeln sollte Sprache definiert und letztlich standardisiert werden? Wie überzeugt man Kollegen, die ausgesuchten Regeln anzuwenden?

Die tekom-Arbeitsgruppe „Technisches Deutsch“ hat sich dieser Problemstellung angenommen und die Leitlinie „Regelbasiertes Schreiben – Deutsch für die Technische Kommunikation“ entwickelt. Sie begegnet den obigen Forderungen mit dem Ansatz: Standardisierung der Textproduktion, oder: geeignete Regeln für konsistente und übersetzungsgerechte Texte.

Zielgruppe der Leitlinie sind Redaktionsverantwortliche und Informationsentwickler, die ein Regelwerk für ihr Unternehmen zur Standardisierung von deutschen Texten für die Technische Kommunikation erstellen oder ausbauen sollen. Die Leitlinie spricht sowohl Einsteiger des regelbasierten Schreibens als auch Experten an, die ihre eigenen Regelungen überprüfen und erweitern möchten.

Leitlinie setzt einen Standard

Eine der Hauptschwierigkeiten bei der Standardisierung ist, die Betroffenen dazu zu bringen, sich auf bestimmte Regeln zu einigen und die gewählten Regeln konsequent anzuwenden.

Die tekom bietet mit der Leitlinie einen Standard für regelbasiertes Schreiben, auf den Verantwortliche bauen können. Sie enthält nämlich allgemein akzeptierte Regeln und Herangehensweisen, die in langjährigen Praxiserfahrungen mit der Erstellung von Regelwerken erprobt und in verschiedenen Studien wissenschaftlich untersucht wurden. Die Zusammenstellung der Arbeitsgruppe machte diesen Spagat möglich: Die Arbeitsgruppe bestand zu gleichen Teilen aus Industrie- und Hochschulvertretern, Dienstleistern sowie Softwareherstellern.

Um den Praxisbezug und die Anwendbarkeit der Leitlinie weiterhin zu überprüfen, veranstaltete die Arbeitsgruppe im Sommer 2010 einen Betatest mit ausgesuchten tekom-Mitgliedern. Die 39 Tester, die in Anfänger, Fortgeschrittene und Experten aufgeteilt wurden, erhielten eine Vorabversion der Leitlinie. Ihre Eindrücke, Verbesserungsvorschläge und Anregungen zu Struktur, Anwendbarkeit, Nutzung und zu den einzelnen Bestandteilen und Regeln flossen in die weitere Entwicklung der Leitlinie ein.

Inhalt und Navigation

Das Kernstück der Leitlinie bildet ein Katalog von ca. 100 Schreib- und Formulierungsregeln, unterteilt in Text-, Satz- und Wortregeln. Die Leitlinie ist jedoch keine fertige Regelsammlung. Vielmehr trägt die Leitlinie dem Umstand Rechnung, dass Unternehmen angesichts unterschiedlicher Branchen, Zielgruppen und Informationsprodukte die Regeln an den unternehmensspezifischen Bedarf anpassen.

Im Kapitel „Textregeln“ finden sich sprachliche Elemente, die in Dokumenten eine orientierende Funktion übernehmen wie z. B. Überschriften, Indizes und Verweise. Die in der Leitlinie enthaltenen Satzregeln sind der richtigen Formulierung von Sätzen gewidmet, z. B. der Vermeidung von mehrdeutigen, unvollständigen oder komplexen Konstruktionen, Regeln zur Wortstellung und Abfolge von Satzsequenzen sowie stilistische Regeln. Für Fachwörter und Fachterminologie stehen die Wortregeln zur Verfügung, die Hilfestellung zur Bildung und Schreibweise von Benennungen liefern. Sie sind ergänzt um Regeln zu Abkürzungen sowie zur Bildung von Genitiv und Dativ.

Zu jeder Regel stehen Angaben zu folgenden Punkten:

  • Regelnummer und Regelüberschrift
  • Regelbeschreibung
  • Handlungsanweisung für die Autoren
  • Negativ- und Positivbeispiele in tabellarischer Form
  • Entscheidungshilfe: Argumente für den Einsatz der Regel sowie Verweise auf Nutzungseinschränkungen und Alternativ-Regeln
  • Maschinelle Prüfbarkeit: Die Statusangabe zeigt Ihnen, ob moderne Prüfwerkzeuge für Sprachqualität (Controlled Language Checker) in der Lage sind, diese Regel automatisiert zu prüfen.

Ein mehrstufiges Zugangssystem erlaubt eine rasche Navigation und eine zielorientierte Nutzung der Leitlinie. Inhaltsverzeichnis, Index und Glossar helfen dem Leser, sich schnell zurechtzufinden.
Mit den Basisregeln liefert die Leitlinie Anfängern und Quereinsteigern eine Hilfestellung sowie „Empfehlungen“ als Einstieg in das Thema regelbasiertes Schreiben. Erfahrene Leser finden mithilfe der Regelmatrix „Informationsarten“ eine Zuordnung aller Regeln zu sechs Informationsarten, die teilweise in Unterklassen gegliedert sind; sie können so die für ihren Anwendungsfall bestgeeignete Regeln filtern.

Isabelle Fleury

Informationen zum Autor:
Isabelle Fleury, Geschäftsführerin Fleury & Fleury Consultants, tekom-Vorstandspatin der Arbeitsgruppe und Mitautorin der Leitlinie

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